Regierung in Italien dringend gesucht - Krisenbank als Beschleuniger Von Lena Klimkeit, dpa

10.12.2016 15:15

Das Gezerre um die politische Zukunft Italiens geht weiter. Eine
schnelle Lösung der Regierungskrise wird immer wahrscheinlicher.
Einer neuen Regierung des hoch verschuldeten Landes könnte schon bald
eine schwierige Aufgabe bevorstehen.

Rom (dpa) - Die Lösung der Regierungskrise in Italien nach dem
Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi scheint näher zu rüc
ken.
Zwar wurde eine Entscheidung über eine neue Regierung von
Staatspräsident Sergio Mattarella am Samstag direkt nach dem Ende der
48-stündigen Konsultationen mit den politischen Akteuren
ausgeschlossen. Die Krise werde aber «schnell» gelöst, verlautete aus

Präsidentenkreisen. Den Druck auf den Präsidenten erhöhen nicht
zuletzt Spekulationen um eine der italienischen Krisenbanken.

Nach seiner Niederlage beim Referendum am Sonntag hatte Renzi
am Mittwoch offiziell seinen Rücktritt eingereicht. Seit
Donnerstagabend lotet Mattarella an seinem Amtssitz im
Quirinalspalast in Rom mögliche Kandidaten und Mehrheiten aus.

Die entscheidenden Treffen standen am Samstagnachmittag mit den
größten Oppositionsparteien - der eurokritischen Fünf-Sterne-Bewegung

und der konservativen Forza Italia - und der sozialdemokratischen
Regierungspartei PD an. Viel Konkretes darüber, was am Ende des
Beratungsmarathons stehen könnte, drang nicht an die Öffentlichkeit.

Beobachter sehen mittlerweile aber die Vermutung erhärtet, dass der
bisherige Außenminister Paolo Gentiloni als Regierungschef auf Renzi
folgen könnte. Mit dem 62-Jährigen würde die Wahl auf einen Politiker

fallen, der Renzi nahe steht. Er könnte das Land zu vorgezogenen
Wahlen nach dem G7-Gipfel unter italienischer Präsidentschaft Ende
Mai führen. Weiterhin wird als möglicher Renzi-Nachfolger auch
Finanzminister Pier Carlo Padoan gehandelt.

Unter den Parteien herrscht allerdings keine Einigkeit darüber, wie
es in dem Land weitergehen soll. Eine Regierung der nationalen
Einheit gilt deshalb als unwahrscheinlich. Teile der Opposition
sprechen sich für baldige Neuwahlen aus. Die größte Hürde dafür i
st
das Wahlgesetz «Italicum», das nur für das Abgeordnetenhaus gilt und

über das das Verfassungsgericht erst Ende Januar urteilen wird.

Klar ist: Auf dem Quirinalshügel wird eine schnelle Lösung der
Regierungskrise angestrebt. Zusätzlichen Druck macht die
angeschlagene Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS), die bis Ende des
Jahres ihren Rettungsplan erfüllen muss. Sie braucht wegen Verlusten
bei der Auslagerung von faulen Krediten in Milliardenhöhe dringend
frisches Geld. Weil die politisch unsichere Lage nach dem
Rücktritt Renzis die Kapitalaufnahme weiter erschwert, hatte sie die
Europäische Zentralbank (EZB) um einen Aufschub der Frist gebeten.

Obwohl die MPS-Bank nach eigenen Angaben noch keine Antwort aus
Frankfurt erhalten hat, machten am Freitag Medienberichte die Runde,
denen zufolge die Bankenaufseher die Bitte ausgeschlagen hätten. Der
Aktienkurs des Geldhauses stürzte ab. Die EZB kommentierte die
Berichte nicht. Kaum einer der italienischen Kommentatoren hält eine
private Lösung für das Geldinstitut noch für realistisch. Der Bank
bleiben in jedem Fall nur wenige Wochen. Sollte die Kapitalaufnahme
scheitern, könnte die Bank um direkte Staatshilfe bitten.