Ende vom Lied? EU-Kanada-Handelspakt Ceta tritt weitgehend in Kraft Von Alkimos Sartoros, dpa

20.09.2017 16:01

Das Drama um den Handelspakt Ceta hielt Europa und Kanada monatelang
in Atem. Nun tritt das umstrittene Abkommen provisorisch europaweit
in Kraft. Und die EU-Kommission hat bereits weitere neue
Handelspartner im Visier.

Brüssel (dpa) - Weniger Zölle, mehr Warenaustausch, mehr Wohlstand?
Der umstrittene europäisch-kanadische Handelspakt Ceta wird von
Donnerstag (21. September) an europaweit in wesentlichen Teilen
vorläufig angewendet. Aber die im Kampf um Ceta aufgeworfenen
Grundsatzfragen sind noch längst nicht beantwortet.

Ceta war im vergangenen Jahr nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen
der EU und Kanada unterzeichnet worden. Mit dem Handelspakt werden
Zölle und andere Handelsschranken abgebaut. «Davon (geht) ein
positives Signal für die Weltwirtschaft und wohl auch ein Wachstums-
und Beschäftigungsschub aus», erklärte EU-Handelskommissarin Cecilia

Malmström am Mittwoch. Ihr Kommissionskollege Valdis Dombrovskis
sprach von einem Meilenstein.

Kritiker hingegen warnen vor einem Abbau europäischer Standards,
Nachteilen für die hiesige Wirtschaft und undurchsichtigen Regeln für
den Investorenschutz. Beinahe wäre der Pakt voriges Jahr noch in der
Schlussphase der Verhandlungen gescheitert. Die politische Führung
der belgischen Region Wallonie hatte die notwendige Zustimmung zur
Unterzeichnung des Abkommens verweigert.

Für die EU bedeutete das eine peinliche Hängepartie auf
internationaler Bühne - auch wenn EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker den «intensiven Meinungsaustausch» am Mittwoch als «Beweis
für den demokratischen Charakter der Entscheidungsfindung auf
europäischer Ebene» lobte.

Dieser Prozess ist noch nicht vorbei. Die EU-Staaten und das
Europaparlament stimmten dem Handelspakt zwar letztlich zu. Da es
sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt, muss es aber
noch in den EU-Ländern von den nationalen - und teils regionalen -
Parlamenten angenommen werden, um vollständig in Kraft treten zu
können. Bislang haben erst eine Handvoll Staaten das Abkommen
ratifiziert. Fristen oder strikte Vorgaben gibt es dafür nicht.

«Es ist inakzeptabel, dass Ceta in Kraft tritt, bevor die nationalen
Parlamente sich äußern konnten», meint Greenpeace-Handelsexperte John

Hyland. «Kanada hat laschere Regeln zur Lebensmittelsicherheit, in
der industriellen Landwirtschaft werden mehr Pestizide und genetisch
manipulierte Pflanzen eingesetzt - Europas nationalen Parlamente
müssen diesen gefährlichen Deal ablehnen.»

Die EU-Kommission als Verhandlungsführerin will nun aus dem Hickhack
Konsequenzen für künftige Handelsabkommen ziehen. Behördenchef
Juncker kündigte zuletzt an, bis 2019 Freihandelsabkommen mit
Australien und Neuseeland unter Dach und Fach bringen zu wollen.
Dabei sagte er größtmögliche Transparenz zu - und plant einen Kniff.


Die Brüsseler Behörde will die Abkommen künftig so gestalten, dass
sie nur auf EU-Ebene ratifiziert werden müssten und nicht mehr von
jedem einzelnen EU-Land. Bestimmte Regelungen - etwa zum Schutz
ausländischer Investoren - könnten dann nicht mehr Teil solcher
Handelsverträge sein.

Handel helfe dabei, europäische Sozial- und Umweltstandards in die
Welt zu exportieren, argumentiert die EU-Kommission. Oder in den
Worten von Handelskommissarin Cecilia Malmström: «Ceta hilft uns, die
Globalisierung zu gestalten und Einfluss auf die globalen
Handelsregeln zu nehmen.»