Studie: Deutschland verpasst EU-Ziel für erneuerbare Energien

20.09.2017 15:26

Ökostrom stärker fördern, den Ausbau deckeln oder alles dem Markt
überlassen? Darüber streiten Experten und Parteien. Der Bundesverband
Erneuerbare Energien warnt kurz vor der Bundestagswahl: So, wie es
jetzt läuft, schafft Deutschland die EU-Vorgaben nicht.

Berlin (dpa) - Deutschland könnte das EU-Ziel für den Anteil
erneuerbarer Energien am Energieverbrauch einer Studie zufolge
deutlich verfehlen. 2020 soll der Anteil laut EU-Richtlinie bei 18
Prozent liegen - unter derzeitigen Bedingungen klettert er in den
kommenden drei Jahren aber nur auf 16 Prozent, wie der Bundesverband
Erneuerbare Energie (BEE) berechnet hat. Dabei geht es nicht nur um
den Ökostrom-Anteil beim Stromverbrauch, sondern auch um Heizungen
und den Spritverbrauch im Verkehr.

Im April hatte der BEE noch einen Anteil von 16,7 Prozent für 2020
vorhergesagt. Grund für die Änderung sei ein steigender
Energieverbrauch bei Heizungen und im Verkehr. Das 18-Prozent-Ziel
werde in «noch weitere Ferne rücken, wenn sich der Verbrauchsanstieg
im Wärme-, Verkehrs- und Stromsektor ungemindert fortsetzt», heißt es

beim BEE. «Die nächste Bundesregierung muss den Ausbau erneuerbarer
Energien deutlich beschleunigen und nachhaltig den Verbrauch senken,
damit Deutschland seine Verpflichtung gegenüber der Europäischen
Union einhalten kann», forderte Geschäftsführer Peter Röttgen.

Beim Stromverbrauch lag der Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr
2016 laut BEE bei 31,7 Prozent, im Bereich Wärme allerdings nur bei
gut 13 Prozent und im Verkehr nur bei gut 5 Prozent. Unter aktuellen
Bedingungen dürfte der Anteil der Ökoenergie der Berechnung zufolge
bis 2020 beim Stromverbrauch auf knapp 40 Prozent steigen, bei der
Wärme bei gut 13 Prozent stagnieren und im Verkehr nur leicht
ansteigen auf 6,1 Prozent.

«Schuld an der schlechten Energiebilanz Deutschlands sind vor allem
die Bereiche Verkehr und Wärmeversorgung der Gebäude», sagte Olaf
Tschimpke, Präsident des Umweltverbands Nabu. Die Bundesregierung
solle den Einbau von Öl- und Erdgasheizungen nicht länger fördern und

sich für strengere Verbrauchsgrenzwerte für Pkw und Lkw einsetzen.

Vor rund zwei Wochen hatte eine Berechnung der Denkfabrik Agora
Energiewende ergeben, dass Deutschland das für 2020 selbst gesteckte
Klimaschutz-Ziel deutlicher verpassen wird als bisher angenommen,
wenn die kommende Bundesregierung nicht schnell nachsteuert.

«Das Verfehlen von Umwelt- und Klimazielen scheint zum Markenzeichen
der jetzigen Bundesregierung zu werden», sagte Klimaexpertin Tina
Löffelsend vom BUND. «Die Abgaben für Heizöl, Diesel und Benzin sin
d
deutlich niedriger als beim Strom, das hemmt den Umstieg auf
klimafreundlichere Alternativen im Wärme- und im Verkehrssektor.»
Michael Schäfer vom WWF forderte ein «Sofortprogramm Klimaschutz
2020» und schlug eine «Sonderausschreibung Klimaschutz 2020» für
zusätzliche Windkraft- und Solaranlagen vor.