Syrien-Konferenz verfehlt Ziel - Deutschland gibt eine Milliarde Euro

25.04.2018 19:17

Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen und auf der
Flucht. Doch die internationale Hilfsbereitschaft für das
Bürgerkriegsland scheint trotz der dramatischen Lage zu schwinden.

Brüssel (dpa) - Bei der Brüsseler Geberkonferenz für die
Leidtragenden des Syrienkrieges ist trotz einer Milliardensumme aus
Deutschland weniger Geld zusammengekommen als erwartet. Die
Teilnehmer des Treffens sagten am Mittwoch für 2018 lediglich 3,6
Milliarden Euro (4,4 Mrd. US-Dollar) für die notleidende
Zivilbevölkerung fest zu, wie die EU-Kommission mitteilte.
Deutschland trägt demnach mehr als ein Viertel der Last.

Es gehe darum, das unerträgliche Leid der Menschen in Syrien und das
der Kriegsflüchtlinge in den Nachbarländern zu lindern, sagte
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Dazu leiste Deutschland einen
«sehr, sehr engagierten Beitrag». Nach Angaben von Maas wird 2018 aus
dem Bundeshaushalt mindestens eine Milliarde Euro zur Verfügung
gestellt, um die unter sieben Jahren Bürgerkrieg leidenden Menschen
zu unterstützen. Nach Zahlen der Vereinten Nationen sind 13 Millionen
Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Bei der Geberkonferenz im vergangenen Jahr hatten die Teilnehmer noch
6 Milliarden US-Dollar zugesagt. Dieser Betrag entsprach damals 5,6
Milliarden Euro. Auch in diesem Jahr hatten die EU und die Vereinten
Nationen als Organisatoren des Treffens auf deutlich mehr als sechs
Milliarden Dollar gehofft. Nach heutigem Umrechnungskurs entspricht
das rund 4,9 Milliarden Euro.

UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock erklärte das vergleichsweise
schwache Ergebnis in diesem Jahr damit, dass unter anderem die USA
noch keine festen Zusagen gemacht hätten. Zudem seien geplante
EU-Hilfen für die Unterstützung von Syrien-Flüchtlingen in der Türk
ei
noch nicht eingerechnet. «Meine Erwartung ist, dass noch Geld
dazukommen wird», sagte Lowcock. Was man heute habe, sei ein guter
Start. Noch zu Beginn der Konferenz hatte UN-Generalsekretär Antonio
Guterres an die Teilnehmer appelliert, in ihrer Hilfe nicht
nachzulassen.

Mit einer Milliarde Euro liegt jedoch auch Deutschland unter der
Zusage von 2017. Weitere 300 Millionen Euro können allerdings nach
Angaben des Auswärtigen Amts in der zweiten Jahreshälfte noch
hinzukommen, wenn der Bundeshaushalt steht. Damit würde Deutschland
insgesamt wieder auf dem Niveau der Hilfszusagen aus dem Vorjahr
liegen. Damals hatte Deutschland als größter Geber 1,3 Milliarden
Euro zugesagt, letztlich aber sogar 1,6 Milliarden ausgezahlt. Seit
Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2012 hat die Bundesrepublik bereits
4,5 Milliarden Euro an Hilfsmitteln gezahlt.

Mit dem in Brüssel gesammelten Geld sollen unter anderem
Nahrungsmittel und medizinische Hilfen für die notleidende
Zivilbevölkerung finanziert werden. Die Regierung des Präsidenten
Baschar al-Assad hat keinen Zugriff darauf. Das Geld darf auch nicht
für den Wiederaufbau des zerstörten Landes verwendet werden.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini warnte Russland und den
Iran davor, langfristig an Assad festzuhalten. «Die Europäische Union
und die internationale Gemeinschaft werden sich nur dann am
Wiederaufbau Syriens beteiligen, wenn es einen politischen Prozess
unter Schirmherrschaft der UN gibt», sagte Mogherini.

Wie dieser Prozess vorangetrieben werden könnte, darüber wurde am
Mittwoch nur am Rande diskutiert. «In diesen wenigen Stunden
Diskussion sind die Meinungsverschiedenheiten natürlich nicht
verschwunden und das haben wir nie erwartet», sagte Mogherini. Aber
in einigen Punkten gebe es eine gemeinsame Basis: Eine militärische
Lösung für den Syrienkonflikt könne es nicht geben, es müssten
Friedensgespräche unter der Schirmherrschaft der UN geführt werden.

Das Schlüsselland Russland, der wichtigste Verbündete Assads, war am
Mittwoch nur mit UN-Botschafter Wladimir Tschischow vertreten. Der
beschwerte sich darüber, dass keine Vertreter der syrischen
Bevölkerung eingeladen wurden. «Das ist ein Fehler», sagte er.

Schon an diesem Donnerstag soll es auf einem weiteren Syrientreffen
in Paris darum gehen, wie der Westen und Russland wieder ins Gespräch
kommen können. Dazu wird eine Kerngruppe westlicher Staaten mit
Partnern aus der Nahostregion zusammenkommen. Zum ersten Mal wird
auch Deutschland an diesem Format teilnehmen.

«Es gibt eine Vielzahl von Bemühungen - sehr ernsthaft, sehr
konstruktiv - den politischen Prozess wieder aufzusetzen, um Frieden
in Syrien zu bekommen», sagte Bundesaußenminister Maas.

Die Westmächte USA, Großbritannien und Frankreich hatten Mitte des
Monats als Vergeltung für einen mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz
Ziele in Syrien mit Raketen angegriffen. Deutschland hatte den
völkerrechtlich umstrittenen Angriff zwar nicht militärisch, aber
politisch unterstützt.

In dem Bürgerkrieg in Syrien gab es nach UN-Schätzungen bereits mehr
als 400 000 Tote, Millionen Menschen sind auf der Flucht. Alle
Versuche, eine dauerhafte Waffenruhe zu etablieren, scheiterten
bisher. Als Ursache dafür gelten vor allem die Interessen anderer
Staaten. So unterstützen Russland und der Iran bis heute die
Regierung Assads - zahlreiche andere Länder hingegen die Rebellen.