Facebook befürchtet Gegenwind durch EU-Datenschutzverordnung

26.04.2018 09:18

Das Facebook-Geschäft hat zu Jahresbeginn weiter ungebremst zugelegt.
Die Affäre um die Weitergabe von Nutzerdaten an die Firma Cambridge
Analytica spielte dabei quasi keine Rolle. Sie wurde erst wenige Tage
vor dem Ende des Quartals im März bekannt.

Menlo Park (dpa) - Facebook rechnet mit einem Dämpfer für sein
Geschäft durch die EU-Datenschutzverordnung. Im laufenden Quartal
werde die Zahl der monatlich und täglich aktiven Nutzer in Europa
voraussichtlich stagnieren oder leicht zurückgehen, erklärte das
Online-Netzwerk am Mittwoch. Der Grund sei die Einführung der neuen
Datenschutz-Regeln am 25. Mai. Wenn viele Mitglieder die striktesten
Einstellungen für mehr Privatsphäre wählen, könne das auch negative

Auswirkungen auf Facebooks Werbegeschäft haben. Man sehe aber kein
«Weltuntergans-Szenario», sagte Finanzchef David Wehner.

Gut einen Monat nach Beginn des aktuellen Facebook-Datenskandals
präsentierte das weltgrößte Online-Netzwerk zugleich starke Zahlen
für das erste Quartal. Das war auch nicht anders zu erwarten: Die
Kontroverse um die Weitergabe von Nutzerdaten an die Firma Cambridge
Analytica war erst Tage vor Quartalsende entbrannt. Aber auch die
Nutzerzahlen im März zeigten Wachstum statt Abwanderung.

Der fast ausschließlich mit Werbung erwirtschaftete Umsatz stieg im
Jahresvergleich um 49 Prozent auf 11,97 Milliarden Dollar. Der Gewinn
sprang um 64 Prozent auf 4,99 Milliarden Dollar hoch. Die Zahlen
übertrafen die Erwartungen der Analysten - die Aktie legte
nachbörslich um mehr als sieben Prozent zu.

Facebook hatte bereits zuvor wiederholt betont, man habe trotz der
Aufrufe zum Verlassen der Plattform keinen bedeutenden Rückgang der
Aktivität festgestellt. Das belegt auch die durchschnittliche Zahl
täglich aktiver Nutzer im März: Sie lag bei 1,45 Milliarden nach 1,4
Milliarden im Dezember 2017. Damit blieb auch der Anteil täglich
aktiven Nutzer an der gesamten Mitgliederzahl wie schon seit Jahren
unverändert bei 66 Prozent. Die Zahl monatlich aktiver Nutzer
kletterte binnen drei Monaten von 2,13 auf 2,2 Milliarden.

Der erwartete Rückschlag in Europa steht in krassem Kontrast zur
Entwicklung der vergangenen drei Monate. Im ersten Quartal stieg die
Zahl täglich aktiver Nutzer auf dem Kontinent von 277 auf 282
Millionen und bei den mindestens einmal im Monat aktiven Mitgliedern
gab es einen Zuwachs von 370 auf 377 Millionen.

Finanzchef Wehner skizzierte in einer Telefonkonferenz mit Analysten
auch, wie die neuen EU-Regeln auf Facebooks Werbegeschäft
durchschlagen könnten. Abhängig davon, wie rigoros die Mitglieder die
neuen Datenschutz-Instrumente nutzen, könne das die personalisierte
Anzeige von Werbung beeinträchtigen. Und wenn die Investitionen von
Facebooks Werbekunden dadurch weniger effizient werden, verhielten
sie sich anders in den Auktionen um Anzeigenplätze.

Die für das operative Geschäft zuständige Top-Managerin Sheryl
Sandberg gab sich zugleich gelassen: Die Anzeigenkunden suchten nach
der besten Rendite für ihre Werbeausgaben - und hier sei Facebook
besser als andere aufgestellt. Zudem sei das man überzeugt, dass
personalisierte Werbung auch für die Nutzer besser sei.

Sandberg bestätigte zugleich erstmals, dass Facebook über eine
Bezahlversion nachgedacht habe - «und wir werden nicht damit
aufhören, alles in Erwägung zu ziehen». Zugleich betonte sie aber
auch: «Anzeigen passen auf natürliche Weise zu unserem Geschäft» un
d
Facebook sehe da noch großes Potenzial. Facebook machte im
vergangenen Quartal pro Nutzer einen Umsatz von 5,45 Dollar mit
Werbung. In den USA und Kanada waren es sogar 23,14 Dollar pro
Mitglied und in Europa 8,01 Dollar.

Die Geldreserven von Facebook stiegen auf 44 Milliarden Dollar an.
Das Online-Netzwerk machte zugleich deutlich, dass die verstärkten
Maßnahmen gegen Probleme wie Hassrede und gefälschte Nachrichten mehr
kosteten als geplant. Die Ausgaben würden deswegen im laufenden Jahr
um 50 bis 60 Prozent steigen statt der in Aussicht gestellten 45
Prozent, sagte Wehner.

Gründer und Chef Mark Zuckerberg verwies darauf, dass Facebook
lernende Maschinen stärker einsetzen werde, um die Plattform sauber
zu halten. Dafür müsse die Software aber in vielen Fällen erst den
Kontext verstehen könne, was zum Teil noch Jahre dauern könne. «Es
ist viel einfacher, ein System auf Basis künstlicher Intelligenz zu
entwickeln, das eine Brustwarze erkennt, als sprachwissenschaftlich
zu entscheiden, was eine Hassbotschaft ist», sagte Zuckerberg. Er
spielte damit auf den häufigen Vorwurf an, Facebook sei schnell beim
Entfernen nackter Körper, während extremistische Äußerungen auf der

Plattform blieben.

In ungewöhnlicher Offenheit bedauerte Zuckerberg, dass Facebook nicht
stärker bei der Entwicklung mobiler Plattformen mitgemischt und das
Feld Apple und Google überlassen habe. Das gehöre zu den Dingen, die
er am meisten bereue. Facebook sei allerdings auch noch ein ziemlich
kleines Unternehmen gewesen als um 2007 herum der Grundstein für
Apples iPhone-Plattform und das Google-System Android gelegt wurde.
Zuckerberg machte deutlich, dass er Facebooks
Milliarden-Investitionen in virtuelle Realität mit dem Kauf der Firma
Oculus als Chance sehe, zukünftige Plattformen mitzugestalten.