Irland: Zahl der Migranten nimmt wegen britischer Ruanda-Politik zu

26.04.2024 09:05

Dublin/London (dpa) - Wegen der Gefahr, von Großbritannien nach
Ruanda abgeschoben zu werden, weichen irreguläre Migranten nach
Angaben aus Dublin zunehmend nach Irland aus. Die umstrittene Politik
des britischen Premierministers Rishi Sunak habe bereits Auswirkungen
auf das EU-Land, sagte der irische Außenminister Micheál Martin der
britischen Zeitung «Daily Telegraph» (Freitag) zufolge. Asylbewerber
würden «hier und innerhalb der Europäischen Union Zuflucht suchen»,

um einer Abschiebung nach Ruanda zu entgehen.

Etwa 80 Prozent der Migrantinnen und Migranten würden über die
britische Provinz Nordirland nach Irland kommen, sagte Martin.
Großbritannien und die EU hatten sich nach dem Brexit geeinigt, diese
Grenze offenzulassen, um neue Konflikte in der früheren
Bürgerkriegsregion zu vermeiden.

Wegen der steigenden Einwanderung hatten die gesellschaftlichen
Spannungen in Irland zuletzt zugenommen. Zwischen Mai 2022 und April
2023 kamen mehr als 140 000 Menschen auf der «grünen Insel» an, so
viele wie seit 16 Jahren nicht mehr. Rechte Kräfte behaupten, die
Migration verschärfe die akute Wohnungskrise. Immer wieder gibt es
Proteste von Anwohnern.

Das britische Parlament hatte in der Nacht zum Dienstag ein Gesetz
verabschiedet, das Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt. Damit kann
die konservative Regierung in London irregulär eingereiste
Asylsuchende in das ostafrikanische Land abschieben. Sie sollen dort
Asyl beantragen, eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht
vorgesehen. 

Menschenrechtler sehen darin einen Verstoß gegen internationale
Verpflichtungen. Auch die irische Regierung hatte das Vorhaben scharf
kritisiert. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von
einer «Geopolitik des Zynismus». Der konservative britische
Abgeordnete Marco Longhi sagte dem «Telegraph», die irischen Angaben
würden zeigen, dass die Abschreckung funktioniere.